«Es fühlt sich fast an wie zuhause»

Die Familie von Rotberg hat der Jugendherberge Mariastein einen Besuch abgestattet und in dieser Burg übernachtet, wo ihre Vorfahr*innen einst lebten. Die ersten Spuren der Familie gehen zurück ins 13. Jahrhundert. Wir haben uns mit ihnen unterhalten.

Nina: Wel­che Fami­li­en sind die­ses Wochen­en­de zu Besuch?

Fami­lie von Rot­berg: Die Fami­lie Frei­her­ren von Rot­berg aus Stutt­gart, Mann­heim, Ber­lin und Zürich.

Was ist es für ein Gefühl, Nach­fah­re der eins­ti­gen Burgeigentürmer§innen zu sein?

Es ist schön für uns, dass wir die Mög­lich­keit haben, die Geschich­te unse­rer eige­nen Fami­lie so unmit­tel­bar erle­ben zu kön­nen. Auch wenn sich eini­ges ver­än­dert hat in den letz­ten 800 Jah­ren, bekommt man eine unge­fäh­re Vor­stel­lung davon, wie das Leben auf einer Burg damals war. Dazu kommt, dass die Burg Rot­berg wirk­lich traum­haft gele­gen ist und wahr­schein­lich heu­te noch schö­ner ist und sicher auch etwas kom­for­ta­bler als zu der Zeit, in der unse­re Vorfahr§innen hier gelebt haben.

Die Fami­lie von Rot­berg auf den Spu­ren ihrer Vorfahr§innen in Basel. Hier im Müns­ter vor dem Grab von Bischof Arnold von Rot­berg. © Wolf von Rot­berg

Wie habt ihr zum ers­ten Mal davon erfah­ren?

Uns war eigent­lich immer bewusst, dass es die Burg gibt.

Wo sind eure Fami­li­en­mit­glie­der über­all zu fin­den?

Die Grös­se unse­rer Fami­lie ist recht über­schau­bar. Umso erfreu­li­cher war es, dass wir über Andrea, die die Burg führt, eini­ge wei­te­re und weit ent­fern­te Fami­li­en­mit­glie­der aus­fin­dig machen konn­ten. Sogar ein Fami­li­en­mit­glied aus Eng­land haben wir über die Burg gefun­den. Er geht zurück auf einen Rot­berg der im 18. Jahr­hun­dert nach Schott­land aus­ge­wan­dert ist. Wir haben ihn, wie auch ande­re ent­fern­te Fami­li­en­mit­glie­der, in Basel getrof­fen um auf Rotberg’schen Spu­ren zu wan­deln. Die­ses Tref­fen wäre ohne den Kon­takt über die Burg nicht mög­lich gewe­sen.

20 Fami­li­en­mit­glie­der der Fami­lie von Rot­berg vor dem Bischofs­hof in Basel. Die­ser wur­de von ihrem Vor­fah­ren Bischof Arnold von Rot­berg erbaut. © Wolf von Rot­berg

Was für einen Bezug habt ihr zur Burg Rot­berg?

Das ers­te Mal waren wir vor etwa 30 Jah­ren mit der Fami­lie hier. Seit­dem ist eini­ges an der Burg gemacht wor­den. In der Kind­heits­er­in­ne­rung war sie kalt und dun­kel. Heu­te muss hier kei­ner mehr frie­ren. Tat­säch­lich waren wir seit­dem nicht mehr auf der Burg. Nach die­sem Wochen­en­de haben wir uns aber fest vor­ge­nom­men, regel­mäs­sig hier­her zu kom­men. Auch weil wir so herz­lich emp­fan­gen wur­den. Es fühlt sich fast an wie zuhau­se.

Wie fin­det ihr es, dass die Burg heu­te als Jugend­her­ber­ge dient?

Es ist wirk­lich toll, dass es sol­che Jugend­her­ber­gen gibt. In so einem auf­re­gen­den Bau, nahe an der Natur, aber auch nicht weit weg von Basel. Wir waren schon in vie­len Jugis, aber kei­ne war bis jetzt so beson­ders wie die Burg Rot­berg.

Der jüngs­te Fami­li­en­zu­wachs Arno mit dem ältes­ten Fami­li­en­mit­glied Bern­hard von Rot­berg auf der Burg. © Wolf von Rot­berg

Arno von Rot­berg pro­fi­tiert dank der Life­time Mem­ber­card ein Leben lang von den Mem­ber-Vor­tei­len bei den Schwei­zer Jugend­her­ber­gen. Solan­ge er zuhau­se wohnt, auch sei­ne Eltern Wolf und Doris.

Gab es in der Ver­gan­gen­heit ein beson­de­res Ereig­nis auf der Burg?

Aus der Zeit, in der unse­re Vorfahr§innen hier leb­ten, gibt es lei­der kei­ne Geschich­ten. Das ist schon zu lan­ge her. Dage­gen war unser jet­zi­ger Auf­ent­halt mit drei Gene­ra­tio­nen gemein­sam in den Burg­mau­ern ein tol­les Erleb­nis, auch dank der Gast­freund­schaft durch die Burg­her­rin Andrea und ihrem Team. Die­se Ein­drü­cke blei­ben.

Ange­nom­men die Burg gehö­re noch euch – was wür­det ihr damit machen?

Ganz sicher soll­te min­des­tens genau­so viel Leben auf der Burg sein wie das heu­te der Fall ist. Man kann sich eigent­lich kei­ne bes­se­re Nut­zung vor­stel­len als eine Jugend­her­ber­ge. Viel­leicht, um sich als Rit­ter gegen feind­li­che Ein­dring­lin­ge zu ver­tei­di­gen? …aber dar­um muss man sich zum Glück heu­te kei­ne Sor­gen mehr machen.

Die Jugend­her­ber­ge Rot­berg bei Maria­stein aus der Per­spek­ti­ve einer Droh­ne. © Leo­ni­das Port­mann

Geschichte

Die Jugend­her­ber­ge Rot­berg bei Maria­stein und die Burg Ehren­fels bei Sils im Dom­leschg gehö­ren zu den «Jugend­bur­gen» der Schweiz. In den 1930er-Jah­ren orga­ni­sier­te der Archi­tekt Eugen Probst frei­wil­li­ge Arbeits­pro­gram­me für arbeits­lo­se Jugend­li­che, um die Rot­berg zu restau­rie­ren. Ziel war weni­ger der Denk­mal­schutz als die Ver­hin­de­rung des Ver­falls und die Schaf­fung einer Unter­kunft für jun­ge Men­schen.

Die Burg Rot­berg liegt in einer bur­gen­rei­chen Regi­on des nörd­li­chen Tafel­ju­ras und stammt ver­mut­lich aus dem 12. oder 13. Jahr­hun­dert. Sie wur­de auf einem klei­nen Fels­vor­sprung gebaut, wobei Platz­man­gel spe­zi­el­le Stütz­mau­ern nötig mach­te. Die Fami­lie von Rot­berg, die seit dem 13. Jahr­hun­dert urkund­lich erwähnt wird, pfleg­te enge Bezie­hun­gen zu Basel und 1451 wur­de Arnold von Rot­berg sogar Bas­ler Bischof. Ob die Burg 1356 beim Bas­ler Erd­be­ben zer­stört wur­de, ist unklar, doch zer­fiel sie all­mäh­lich. 1918 erwarb der All­ge­mei­ne Con­sum­ver­ein bei­der Basel die Rui­ne.

1933 schlug Eugen Probst vor, die Rot­berg als Jugend­burg wie­der­auf­zu­bau­en und arbeits­lo­sen Jugend­li­chen Berufs­er­fah­rung zu ermög­li­chen. Der Con­sum­ver­ein unter­stütz­te das Vor­ha­ben und stell­te Sam­mel­büch­sen in sei­nen Läden auf. Im Janu­ar 1934 began­nen rund 30 Jugend­li­che mit der Arbeit, und am 27. Novem­ber 1935 konn­te die Jugend­burg eröff­net wer­den.

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