Er lebt seit 60 Jahren für die Schweizer Jugendherbergen

Jack Kern ist eine Legende bei den Schweizer Jugendherbergen. Seit sechs Jahrzehnten schlägt sein Herz für die Organisation. Das ist seine Geschichte.

Wir treffen Jack Kern an einem bewölkten Spätsommertag in der Jugendherberge Zürich. Der Ort hat eine besondere Bedeutung für ihn. 25 Jahre lang hatte er sein Büro in der Liegenschaft. Seit 60 Jahren engagiert er sich für die Schweizer Jugendherbergen. Mit einem strahlenden Lächeln und einem Ordner voller Erinnerungen sitzt er am Tisch in der Lobby.

Jack Kern mit Hostel Manager Nathy bei unserem Treffen in der Jugendherberge Zürich. © Nina Wild

Trotz seines stolzen Alters von 88 Jahren ist er noch fit. Er ist mit dem Bus angereist, denn der gebürtige Zürcher wohnt unweit des Hostels im Stadtteil Wollishofen. Nur das Laufen bereite ihm je länger je mehr Mühe.

Von der Pfadi zu den Jugendherbergen

Jack war als junger Mann stolzer Pfadfinder. Er leitete die Pfadiabteilung Zürileu, welche heute «leider nicht mehr existiert», wie der 88-jährige nachdenklich sagt. Nachdem Jack sein Amt abgab, bekam er von einem seiner Pfadi-Kollegen die Anfrage, ob er sich ehrenamtlich bei den Schweizer Jugendherbergen engagieren möchte. «Mein Freund hatte das Gefühl, dass mir nun langweilig ist», sagt Jack lachend.

Dieses Angebot kam vor dem Hintergrund, dass das Zürcher Stimmvolk am 8. Dezember 1962 dem Bau der Jugendherberge Zürich zugestimmt hatte und der Vorstand des Vereins für Jugendherbergen Zürich im Zuge dessen vergrössert wurde. Diese Gegebenheiten führten also dazu, dass Jack mit 28 Jahren in den Zürcher Vorstand gewählt wurde. Früher war die Organisationsstruktur der SJH noch ganz anders als heute. Bei der Gründung 1924 gab es schweizweit 14 Vereine – darunter auch jener in Zürich – und über 200 Herbergen.

Jack an seinem langjährigen Arbeitsplatz in der Jugendherberge Zürich. © zVg

Rund drei Jahre nach dem positiven Abstimmungsergebnis wurde der Neubau in Wollishofen am 20. Dezember 1965 dem Verein für Jugendherbergen Zürich übergeben. Jack fungierte vorerst weiterhin als Vorstandsmitglied. Eines Tages bot Ernst Schuler, ein wahres Urgestein und grosses Vorbild von Jack, ihm am 1. Januar 1969 den Job als Geschäftsleiter an. «Ein halbes Jahr, nachdem ich die Stelle angetreten hatte, sagte er mir: Herr Kern Sie können das. Ich übergebe Ihnen und höre jetzt auf», sagt Jack lachend und führt aus, «ich hatte eine sehr gute Beziehung zu ihm.» Ernst wurde über 90 Jahre alt und auch nach seinem Tod pflegte Jack den Kontakt zu Ernsts Ehefrau weiter.

Jacks Meilensteine

Als Jack rund vier Jahre als Geschäftsleiter tätig war, gründete der vierköpfige Vereinsvorstand am 11. Mai 1973 die Schweizerische Stiftung für Sozialtourismus. Diese leitete er fortan bis zu seiner Pensionierung. Bevor die Stiftung ins Leben gerufen wurde, waren die Liegenschaften im Verein nicht zweckgebunden. Mit der Stiftungsgründung änderte sich das.

Grund zum Feiern in der ehem. Jugendherberge Schloss Schwandegg: Die 14 Jugendherbergsvereine der Schweiz fusionieren zum «Verein Schweizer Jugendherbergen». Das Bild entstand am Abschlussabend des Vereins für Jugendherbergen Zürich. © zVg

Nach 20 Jahren Verhandlungen erreicht Jack am 1. Januar 1992 seinen nächsten Meilenstein: Die 14 Jugendherbergsvereine schliessen sich zu einem gesamtschweizerischen «Verein Schweizer Jugendherbergen» zusammen. Der Geschäftssitz wird am 1. Mai 1994 an der Schaffhauserstrasse 14 in Zürich eröffnet. An den Ort, wo er noch heute ist. «Das war mein grösster Erfolg», sagt Jack stolz.

Jugendherbergen rund um die Welt

Ein Highlight als Geschäftsleiter waren für Jack die internationalen Konferenzen in diversen Ländern wie Kanada, Japan, Indien oder Irland. Jack schwärmt: «Die Idee eines weltumspannenden Jugendherbergs-Netzwerks ist grossartig.»

Zum 20-jährigen Jubiläum bei den Schweizer Jugendherbergen darf Jack einen Flug von Kloten ZH nach Samedan GR geniessen und sein Zuständigkeitsgebiet von oben sehen. © zVg

Er genoss durch sein Engagement auch Vorteile. «Dank meinen Beziehungen konnte ich problemlos und ohne Visa in die DDR und wieder zurückreisen. Das war früher streng verboten», erklärt Jack, «weil die Jugendtouristen von Deutschland nicht viel Geld hatten, brachten wir einen Zug voller junger Reisender nach St Moritz, damit sie ihre erfolgreiche Bob-Nationalmannschaft anfeuern konnten.»

Von der Pionierzeit zur Professionalität

Zwischen den Jugendherbergen von damals und heute liegen Welten. Auf die Frage, wie Jack den Wandel erlebt hat, sagt er: «Mir gefällt, dass ich die Pionierzeit der Schweizer Jugendherbergen bis zur Professionalität, welche der Verein heute an den Tag legt, miterleben durfte.» Es war ein langer Weg vom einfachen Strohlager in Sulsana bis hin zum modernen wellnessHostel3000 in Laax.

Bevor sich Jack im Jahr 1999 nach 30-jähriger Tätigkeit für die Schweizer Jugendherbergen in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet, darf er in einem Zirkus in Richterswil einen Elefanten reiten. Das war zugleich das 75-jährige Jubiläum der Schweizer Jugendherbergen. © zVg

Darüber hinaus ist seine Familie seit den Anfangszeiten stark involviert: «Wir haben häufig Jugendherbergen besucht. Freizeit, Familie und Arbeit verschmolzen miteinander», sagt Jack. Seine Tochter Esther Haug und sein Enkel Tobias Haug sind bis heute Delegierte der SJH. Jack pflegt zu seinen ehemaligen Angestellten jetzt noch engen Kontakt.

Und welche Jugendherberge ist der Favorit des 88-jährigen? «Das ist ganz klar die Jugendherberge St. Moritz!», platzt es aus Jack, «bei diesem Projekt war ich von A bis Z involviert. Angefangen bei der Suche nach Bauland, der Planung bis hin zur Fertigstellung des Neubaus. Zum ersten Mal bauten wir Zweier- und Viererzimmer und nicht nur Massenlager.» Viele Jahre reiste er mit seiner Familie ins Engadin in die Ferien. Den ehemaligen Betriebsleiter seiner Lieblings-Jugendherberge lud er einen Tag nach diesem Gespräch zum Mittagessen ein.

Jack besucht die Jugendherberge Pontresina und sitzt mit der Tochter des damaligen Herbergsleiters auf der Terrasse. © zVg

Jack Kerns unermüdliches Schaffen wirkt bis heute. Am 11. Mai 2023 feiert die Schweizerische Stiftung für Sozialtourismus ihr 50-jähriges Jubiläum und 2024 zelebrieren die Schweizer Jugendherbergen ihr 100-jähriges Bestehen.

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