Wiitblick – eine Laufstafette für Sehbehinderte durch die Schweiz

Eine besondere Lauf-Eventwoche erwartet Sehbehinderte Anfang Mai. Dank der Aktion Wiitblick quer durch die Schweiz.

Ich errei­che Solo­thurn an einem küh­len Diens­tag­mor­gen, aber die Son­ne scheint. Hier tref­fe ich Mario Kämp­fen, Erfin­der der Lauf­sta­fet­te für Seh­be­hin­der­te Men­schen. Die ers­ten Lau­fen­den und Gui­des tum­meln sich bereits in der Lob­by der Jugend­her­ber­ge. Eine gewis­se Auf­re­gung ist zu spü­ren. Ges­tern wur­den bereits bis zu 40 Kilo­me­ter gelau­fen. 35 Seh­be­hin­der­te und 40 Gui­des neh­men die­ses Jahr teil und absol­vie­ren eine Stre­cke von ins­ge­samt 177 Kilo­me­tern auf vier Etap­pen. Heu­te ste­hen 24 Kilo­me­ter auf dem Pro­gramm.

Die Ein­tei­lun­gen der Lau­fen­de für die ein­zel­nen Stre­cken, das Tem­po, der Lauf­stil, sprich ob die Per­so­nen ren­nen oder wal­ken sowie mög­li­che Pau­sen wer­den auf­grund der unter­schied­li­chen Levels genau­es­tens vor­ab geplant.

Die ers­ten Grup­pen machen sich bereit zum Star­ten. Ein Gui­de wird allen Lau­fen­den zuge­teilt, damit sich die Men­schen opti­mal kon­zen­trie­ren kön­nen.

Die ers­te Grup­pe macht sich auf den Weg. © Lin­da Robel

Mario – der Gründer und Vater von der Aktion Wiitblick

Mario lei­det an Ret­in­i­tis Pig­ment­o­sa, mit 25 Jah­ren wird ihm das rech­te Auge ent­fernt. Seit dem 36. Lebens­jahr ist sein Sicht­feld stark ver­min­dert und er bewegt sich mit­hil­fe eines Lang – und Signal­stock. Mario arbei­tet mit einem 50% Pen­sum als Archi­var bei der Bun­des­ver­wal­tung und ist sei­ner Frau, die ihn bei allem unter­stützt, sehr dank­bar! Und ja, Mario ist ambi­tio­nier­ter Läu­fer.

Marios Motto lautet: «Ich kann das, ich schaffe das».

Mario, Vater und Grün­der von Wiit­blick. © Mario Kämp­fen

Wie entstand die Aktion Wiitblick?

Auf die Idee kommt Mario wäh­rend einer sei­ner jähr­li­chen Cam­ping-Feri­en. Anstatt zu fah­ren, könn­te man doch auch zu Fuss wei­te­re Stre­cken absol­vie­ren. Im ers­ten Jahr absol­vie­ren zwei Teil­neh­men­de und drei Gui­des 90 Kilo­me­ter. Die­ses Jahr fin­det die Zweit­aus­ga­be statt, und es ist ein vol­ler Erfolg. Über­ra­schend vie­le Lau­fen­de und Gui­des neh­men teil, aber auch unter­stüt­zen­de Partner*innen und Unter­neh­men tre­ten als Spon­so­ren auf. Dahin­ter ste­cken über ein hal­bes Jahr inten­si­ve Arbeit. Spon­so­ren hat er aktiv akqui­riert. Die Bewer­bung für die Lauf­sta­fet­te selbst lief über diver­se Behin­der­ten­or­ga­ni­sa­tio­nen, über die Geld­ge­ben­den und auf Social-Media-Kanä­len. Gehol­fen hat, so erwähnt er expli­zit mit einem Lächeln, sicher­lich auch sein Wal­li­ser Charme.

Übernachtung in Schweizer Jugendherbergen

Auf­grund der rund 50 über die gesam­te Schweiz ver­teil­ten Jugend­her­ber­gen war Mario schnell nach einem Ken­nen­ler­nen auf der Han­di­cap-Mes­se in Luzern 2022 klar, über­nach­tet wird wäh­rend des Lau­fe­vents in Jugend­her­ber­gen. Wegen der Stre­cken-Pla­nung fiel die Wahl auf Basel, Solo­thurn, Bern und Leis­si­gen. Die idea­le Lage und damit auch Aus­gangs­punkt für die Etap­pen, bud­get-freund­li­che Zim­mer und das fei­ne Früh­stücks­buf­fet haben den Ent­scheid bestä­tigt.

Bild 1 & 2: Jugend­her­ber­ge Basel. © Michel van Grondel
Bild 3 & 4: Jugend­her­ber­ge Solo­thurn. © Lau­ra Gar­giu­lo
Bild 5 & 6: Jugend­her­ber­ge Bern. © Tho­mas Anden­mat­ten
Bild 7(© Michel van Grondel) & 8(© Lau­ra Gar­giu­lo): Jugend­her­ber­ge Leis­si­gen.

Ohne Guides wäre das nicht möglich

San­dra, eine der zwei Chef-Gui­des gesellt sich zu uns. Sie ist aus Zürich und bereits seit sechs Jah­ren bei blind-jogging.ch als Füh­re­rin tätig. Ihre Lei­den­schaft für den Lauf­sport möch­te sie auch ande­ren ermög­li­chen. Wich­tig sei es, mit den seh­be­hin­der­ten Sportler*innen aktiv zu kom­mu­ni­zie­ren und ihnen die vol­le Auf­merk­sam­keit zu schen­ken. Neben wöchent­li­chen Trai­nings mit den Beein­träch­ti­gen nimmt sie auch an Volks­läu­fen und Lau­fe­vents teil.

Ein Aus­tausch mit San­dra, Chef-Gui­de von Wiit­blick. © Lin­da Robel

Willst du selbst Guide werden?

In Bern, Luzern und St. Gal­len ist der Ver­ein blind-jogging.ch noch auf der Suche nach Gui­des. Die Anfor­de­run­gen fin­dest du hier.

Wie geht es weiter?

Der Blick auf die Uhr sagt mir, die nächs­ten Teams inklu­si­ve Mario und San­dra müs­sen sich eben­falls auf die heu­ti­ge Etap­pe machen. Ein letz­tes Wort möch­te Mario noch los­wer­den: «ein gros­ses Dan­ke­schön an ein­fach alle, die sich an mei­nem Her­zens­pro­jekt betei­li­gen». Ohne die Unterstützer*innen gäbe es die strah­len­den und stol­zen Gesich­ter der Men­schen nicht.

Ob der Wiit­blick 2024 schon in Pla­nung sei, ist mei­ne letz­te Fra­ge. Mario schüt­telt den Kopf. Die nächs­ten Mona­te möch­te er mehr Zeit mit sei­ner Frau ver­brin­gen, aber mit einem ver­schmitz­ten Lächeln fügt er hin­zu: «viel­leicht ja dann in 2 Jah­ren».

Die nächs­te Grup­pe macht sich vor der Jugend­her­ber­ge Solo­thurn auf den Weg. © Lin­da Robel

Bild_Reiner_Procap

Eine weitere spannende Geschichte

Lin­da hat auch einen Pro­cap-Rei­se­lei­ter getrof­fen und erzählt dir, was sie alles Span­nen­des erfah­ren durf­te – von den benö­tig­ten Stär­ken für einen Ein­satz bis zur Dank­bar­keit der Teil­neh­men­den.

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