100 Jahre Schweizer Jugendherbergen: «Wir setzen uns täglich dafür ein, dass Ferien und Reisen für alle Menschen möglich sind.»

Happy Birthday, Schweizer Jugendherbergen! Am 28. April feiert die Nonprofit-Organisation ihren 100. Geburtstag. Unsere CEO Janine Bunte spricht im Interview über die bewegende Geschichte, grössten Meilensteine und Zukunft der Nonprofit-Organisation.

Nina: Heu­te haben wir Grund zum Fei­ern: Die SJH wer­den 100 Jah­re alt! Wie lau­tet das Erfolgs­re­zept der Orga­ni­sa­ti­on?

Jani­ne: Die Schwei­zer Jugend­her­ber­gen haben es immer wie­der vor­bild­lich geschafft, sich den gesell­schaft­li­chen und poli­ti­schen Ver­än­de­run­gen anzu­pas­sen. Sei es, indem sich die Unter­künf­te von ein­fa­chen Stroh­la­gern zu modern und pro­fes­sio­nell geführ­ten Hos­tels gewan­delt haben. Oder dass wir uns bereits seit meh­re­ren Jahr­zehn­ten aktiv für nach­hal­ti­gen und umwelt­ver­träg­li­chen Tou­ris­mus ein­set­zen, um nur eini­ge Bei­spie­le zu nen­nen.

So haben sich die Jugend­her­ber­gen im Lau­fe der Zeit gewan­delt © Schwei­ze­ri­sches Sozi­al­ar­chiv, F_Fa-0012–024 © Schwei­ze­ri­sches Sozi­al­ar­chiv, F_5129-Fb-002 © Archiv SJH © Leo­ni­das Port­mann

Wie­so wur­den die Schwei­zer Jugend­her­ber­gen über­haupt gegrün­det?

Frei­zeit war Anfang des 20. Jahr­hun­dert ein rares Gut. Zudem schlu­gen die Indus­tria­li­sie­rung und ein­tö­ni­ge Maschi­nen­ar­beit den jun­gen Men­schen zuneh­mend aufs Gemüt und die Gesund­heit. Dazu such­ten die jun­gen Men­schen einen Aus­gleich: die­sen fan­den sie in der schö­nen Natur beim Wan­dern. Erst nur auf ein­tä­gi­gen Tou­ren, da man damals nur einen Tag frei hat­te. Als das Wochen­en­de mit zwei frei­en Tagen, wie wir es heu­te ken­nen, ein­ge­führt wur­de, waren plötz­lich auch zwei­tä­gi­ge Wan­de­run­gen mög­lich. Damit war auch das Bedürf­nis für güns­ti­ge Über­nach­tungs­mög­lich­kei­ten da. Also grün­de­ten Vertreter*innen ver­schie­de­ner Jugend­or­ga­ni­sa­tio­nen am 28. April 1924 die «Zür­che­ri­sche Genos­sen­schaft für Jugend­her­ber­gen» in Zürich.

Die Jugend­her­ber­gen wur­den gegrün­det, um Wan­der­be­geis­ter­ten eine güns­ti­ge Über­nach­tungs­mög­lich­keit zu bie­ten. © Schwei­ze­ri­sches Sozi­al­ar­chiv, F_5000-Fx-154 

Wel­ches waren die prä­gends­ten Ereig­nis­se im letz­ten Jahr­hun­dert? 

Der ers­te Mei­len­stein ist sicher die Grün­dung am 28. April 1924. Als dann das Bedürf­nis da war, über die Lan­des­gren­zen hin­weg zu wan­dern, war die Schweiz 1932 Grün­dungs­mit­glied des welt­wei­ten Dach­ver­ban­des Hos­tel­ling Inter­na­tio­nal, um ein siche­res und güns­ti­ges Über­nach­tungs­an­ge­bot auf dem gan­zen Glo­bus sicher­zu­stel­len. Im Jahr 1956 wur­de schliess­lich die Alters­gren­ze von 25 Jah­ren auf­ge­ho­ben, sodass die Schwei­zer Jugend­her­ber­gen fort­an auch immer mehr Fami­li­en zu ihren Gäs­ten zäh­len konn­ten. Der Ver­ein für Jugend­her­ber­gen Zürich errich­te­te am 11. Mai 1973 die Schwei­ze­ri­sche Stif­tung für Sozi­al­tou­ris­mus und ord­ne­te damit die Lie­gen­schafts- und Ver­mö­gens­ver­wal­tung neu, sodass sich der Ver­ein Zürich ganz auf den Betrieb der Hos­tels fokus­sie­ren konn­te. 1991 fusio­nier­te der Gross­teil der regio­na­len Kreis­ver­bän­de zum heu­ti­gen Ver­ein Schwei­zer Jugend­her­ber­gen. Heu­te setzt sich der Ver­ein mehr denn je für sozia­len und nach­hal­ti­gen Tou­ris­mus in der Schweiz und als Mit­glied von Hos­tel­ling Inter­na­tio­nal auch welt­weit ein.  

Wie hat sich das Ange­bot gewan­delt? 

Die ursprüng­li­che Defi­ni­ti­on von Jugend­her­ber­gen lau­tet: Eine Über­nach­tungs­mög­lich­keit mit Bet­ten oder Schlaf­plät­zen im Stroh, die ein Dach über dem Kopf und eine Koch­ein­rich­tung bie­tet. Heu­te schla­fen unse­re Gäs­te nor­disch und vor­wie­gend in klei­ne­ren Zim­mer­ein­hei­ten bis max. 6 Bet­ten und wir ver­pfle­gen sie am Abend mit einem aus­ge­wo­ge­nen 3‑Gang-Menü. Wir haben uns zu einer moder­nen und pro­fes­sio­nel­len Non­pro­fit-Orga­ni­sa­ti­on ent­wi­ckelt. 

Frü­her über­nach­te­ten die Leu­te im Stroh.
© Archiv SJH

Die Schwei­zer Jugend­her­ber­gen haben sich moder­ni­siert. Heu­te schla­fen die Gäs­te nor­disch und nicht mehr im Stroh.
© Leo­ni­das Port­mann

Wel­che Wer­te ver­tritt der Ver­ein? 

Wir sind beson­ders stolz, dass wir unse­ren Wer­ten stets treu geblie­ben sind. Damals wie heu­te set­zen wir uns mit unse­rem preis­lich attrak­ti­ven Ange­bot aktiv dafür ein, dass sich auch Men­schen mit weni­ger Bud­get Feri­en und Erleb­nis­se aus­ser­halb des gewohn­ten Umfel­des in unse­rem Land leis­ten kön­nen. Das ist unser obers­tes Ziel. Gleich­zei­tig gestal­ten wir unser Ange­bot so nach­hal­tig wie mög­lich– sowohl beim Bau als auch im Betrieb der Jugend­her­ber­gen.  

Wohin geht die Rei­se in den nächs­ten Jah­ren? 

Wir arbei­ten der­zeit an vie­len span­nen­den Pro­jek­ten! Die Digi­ta­li­sie­rung und die damit ver­bun­de­nen Mög­lich­kei­ten wer­den auch wei­ter­hin eine zen­tra­le und wich­ti­ge Rol­le spie­len. Zudem erwei­tern wir unser Netz­werk mit tol­len Stand­or­ten in Mar­tigny, Genf und Biel. In Luzern ist ein Umzug von der Jugend­her­ber­ge am Rot­see ins Ver­kehrs­haus geplant und in Pont­resi­na erwar­tet uns eben­falls ein Umbau­pro­jekt mit einer Bould­er­hal­le – lang­wei­lig wird es nicht.  

Du bist seit fast 30 Jah­ren für die Schwei­zer Jun­gen­d­her­ber­gen tätig. Was bedeu­tet dir die Orga­ni­sa­ti­on? 

Es sind die Wer­te, die Men­schen, die Part­ner­schaf­ten, wel­che die Orga­ni­sa­ti­on aus­ma­chen. Wir set­zen uns täg­lich dafür ein, dass Feri­en und Rei­sen für alle Men­schen mög­lich sind. Und wir tun dies in einer Art und Wei­se, wel­che Freund­schaf­ten ent­ste­hen las­sen, über Lan­des­gren­zen hin­weg, unge­ach­tet der Her­kunft oder Kul­tur. Dies moti­viert mich jeden Tag von Neu­em und ich arbei­te auch nach fast 30 Jah­ren noch immer sehr ger­ne für die Schwei­zer Jugend­her­ber­gen. 

Was ist dein per­sön­li­cher Geburts­tags­wunsch für die Schwei­zer Jugend­her­ber­gen? 

Den Schwei­zer Jugend­her­ber­gen ist es in den letz­ten 100 Jah­ren immer sehr vor­bild­lich gelun­gen, sich zusam­men mit der Gesell­schaft zu wan­deln und immer mit der Zeit zu gehen. Ich wün­sche den Schwei­zer Jugend­her­ber­gen, dass dies auch wei­ter­hin so gut gelingt und sie sich auch die nächs­ten 100 Jah­re für sozi­al­ver­ant­wort­li­chen und nach­hal­ti­gen Tou­ris­mus ein­set­zen kön­nen. 

Über Janine Bunte

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Jani­ne Bun­te ist seit 1996 bei den Schwei­zer Jugend­her­ber­gen tätig, seit 2019 in der Funk­ti­on der CEO. Ihren Ein­stieg mach­te sie als Sach­be­ar­bei­te­rin in der Buch­hal­tung bevor sie die Regio­nal­lei­tung über­nahm. Von 2010 bis 2019 war sie im Amt der CFO und Mit­glied der Geschäfts­lei­tung für die Abtei­lun­gen Finan­zen, IT und Per­so­nal ver­ant­wort­lich. Als CEO der Schwei­zer Jugend­her­ber­gen setzt Jani­ne Bun­te den Fokus ins­be­son­de­re auf die digi­ta­le Wei­ter­ent­wick­lung der Non­pro­fit-Orga­ni­sa­ti­on und dar­auf, die sozi­al­tou­ris­ti­sche Ver­ant­wor­tung des Ver­eins wahr­zu­neh­men und in der Unter­neh­mens­kul­tur zu ver­an­kern. Jani­ne Bun­te ist Prä­si­den­tin von Para­ho­tel­le­rie Schweiz, Mit­in­iti­an­tin und Prä­si­den­tin des Ver­eins discover.swiss, Prä­si­den­tin von Equality4Tou­rism, Vizeprä­si­den­tin der Genos­sen­schaft discover.swiss und Mit­glied des Vor­stan­des von Go-Snow, Schnee sport­in­itia­ti­ve Schweiz. Zudem nimmt sie durch ihre akti­ve Mit­ar­beit in inter­na­tio­na­len Kom­mis­sio­nen eine prä­gen­de Rol­le in der Ent­wick­lung von Hostel­ling Inter­na­tio­nal, dem inter­na­tio­na­len Ver­band von Jugend­her­ber­gen welt­weit, ein. 

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