Zugegeben: die drei Schweizer Metropolen Zürich, Bern und Basel müssen alle mal gesehen haben. Es gibt eine Vielzahl imposanter Sehenswürdigkeiten zu entdecken – das Fraumünster im Herzen von Zürich, den weltbekannte Zytgloggen-Turm in Bern oder der Tinguely-Brunnen in Basel. Doch fernab der herausgeputzten Fassaden existiert Armut. Wie diese in der Schweiz aussieht, zeigen dir Betroffene auf den Stadtführungen vom Verein Surprise.
Seit mehreren Jahren organisieren armutsbetroffene und obdachlose Menschen die Sozialen Stadtrundgänge in den drei Städten. Auf den Touren werden verschiedene Themen wie Sucht, Obdachlosigkeit oder Überleben auf der Strasse tiefgehend behandelt. Die Tourguides erzählen auf eindrückliche Weise, wie sie ihren Alltag unter schwersten Bedingungen meistern und lassen dich die Städte aus ihren Augen betrachten.
Wir machen eine Stadtführung durch Zürich mit Hans Peter
Zahlreiche Teammitglieder von unserem Marketing und Booking Center beschliessen, an einem der Stadtrundgänge in Zürich teilzunehmen. Gesagt – getan! Hans Peter Meier heisst unser Guide. Er empfängt uns am Feierabend am Werdplatz in Zürich.
Nach einer kurzen Begrüssung erzählt er uns ungeschönt aus seinem Leben: Er hat einen guten Job in der IT-Branche, bevor die New Economy Blase platzt und Hans Peter infolge dessen seine Anstellung verliert. Sein Trost? Der Alkohol, der ihm nach und nach zum Verhängnis wird.
Im Anschluss erklärt uns Hans Peter, der seine Sucht erfolgreich überwunden hat, welche Behörden und Auffangstellen die Stadt Zürich für obdachlose Menschen bietet. «Eine grosse Herausforderung, wenn man obdachlos wird, ist, die vielseitigen Angebote überhaupt erst kennenzulernen», sagt er nachdenklich. Es gibt einige Auffangstellen: Notunterkünfte und kostenlose Verpflegungsmöglichkeiten. Aber diese muss man eben erstmal kennen.
Aus dem Leben eines Obdachlosen
Am nächsten Stopp bei der evangelischen St. Jakob Kirche erklärt uns Hans Peter, wieso Obdachlose an versteckten Plätzen die Nacht verbringen, weshalb sie niemals am selben Ort essen wie sie schlafen oder warum sie auch trotz Wohnung noch wochenlang lieber auf dem Balkon übernachten. Wieso das so ist? Das verraten wir an dieser Stelle nicht – am besten fragst du Hans Peter bei deinem Stadtrundgang direkt selbst.
Bevor wir unsere Erlebnisse in der Surprise-Regionalstelle bei Snacks und Getränken ausklingen lassen, halten wir kurz beim Kanzleischulhaus am Helvetiaplatz inne. «Im besonders kalten Winter 2013 wurde hier eine Notschlafstelle für Menschen, die auf der Strasse leben eingerichtet», erklärt Hans Peter. Ansonsten wären die Personen wohl erfroren. Die kalten Monate seien besonders hart.
Surprise gibt den Leuten eine Perspektive
Die Nonprofit-Organisation organisiert nicht nur die spannenden Walking Tours. Finanziell schlecht gestellte Menschen haben die Möglichkeit, das Magazin «Surprise» auf der Strasse zu verkaufen, um Geld zu verdienen. Hans Peter tut dies seit vielen Jahren.
Ein wunderschönes, schweizweites Projekt ist das Café Surprise: Hierbei haben Gäste bei den teilnehmenden Restaurants die Möglichkeit, einen zweiten Kaffee zu bezahlen, den eine bedürftige Person kostenfrei konsumieren kann. So können arme Menschen nicht nur an einem gemütlichen Ort ein warmes Getränk geniessen, sondern auch am öffentlichen Leben teilnehmen.
Ein weiteres Highlight ist der Surprise-Strassenchor, der professionell geleitet wird. Es finden das ganze Jahr über öffentliche Konzerte in verschiedenen Locations statt. Unbedingt reinhören!
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